Die Hersteller von Investitionsgütern kämpfen mittlerweile mit ähnlichen Problemen wie Konsumgüterhersteller. Immer mehr qualitativ hochwertige und somit vergleichbare Produkte buhlen um die Gunst der Käufer und verstärken so den Preisdruck. Hinzu kommt, dass es sich bei Investitionsgütern vielfach um sehr komplexe Leistungen handelt, die mithilfe eines griffigen Markennamens gut auf den Punkt gebracht werden könnten. Ein Name bündelt nicht nur komplexe Angebote, er fungiert gleichzeitig als Garant für gleichbleibende Produkteigenschaften und Produktqualität. Auf diese Weise schafft er Vertrauen und vermittelt dem Kunden die Sicherheit, die er für seine Kaufentscheidung braucht. Dennoch nutzen bislang nicht allzu viele Unternehmen die Chance, sich mithilfe einer stringenten Markenstrategie im Wettbewerbsumfeld zu differenzieren. Meist fungiert ausschließlich der Unternehmensname als Dachmarke. Er steht im Vordergrund der Marketing-Kommunikation und dient als Imageträger und Indikator für die Qualität und Wertigkeit der vom Unternehmen angebotenen Produkte. Diese wiederum werden – aufbauend auf dem Bestellnummernsystem des Herstellers – in der Regel nur mit Zahlen oder Buchstabenkürzeln versehen. Eine derartige Namenspolitik stößt mittlerweile vielfach an ihre Grenzen. Bei vielen Unternehmen haben sich die Produktnamen längst zu einem schwer durchschaubaren Wirrwarr entwickelt. Probleme entstehen beispielsweise dann, wenn neue Produkte nachträglich in eine bestehende Zahlen-/Buchstabenlogik integriert werden müssen. Aus der Automobilbranche ist das Problem bereits hinreichend bekannt. Wie soll beispielsweise ein Modell der Marke Mercedes heißen, das kleiner ist als die A-Klasse? Wenn neue Produkte in eine alte Logik nicht mehr hineinpassen, geht jede Namensystematik unweigerlich verloren. Der Imageschaden, den ein solches Durcheinander hervorrufen kann, darf nicht unterschätzt werden.
Die Markenstrategie muss immer im Zusammenspiel mit der Markenplattform bearbeitet werden. Die Markenplattform formalisiert die strategischen und identitätsbezogenen Ausrichtungen einer Marke (Vision, Ambition, Mission, Werte usw.). Sie ist für die Mitarbeiter des Unternehmens gedacht und bildet eine echte Grundlage, die die Handlungen und Ausdrucksformen der Marke (Identität, Kommunikation, Angebote usw.) nachhaltig definiert.
Die Entwicklung der Markenstrategie bietet eine Gelegenheit um die Positionierung der Marken einer Gruppe zu überprüfen. Entsprechen sie noch der Unternehmensstrategie? Oder müssen sie nachjustiert werden?
Vor jeder Überarbeitung einer Markenstrategie ist es wichtig, eine Bestandsaufnahme aller Marken durchzuführen und die Rolle jeder einzelnen Marke zu bestimmen: (Unternehmensmarke, Produkt- und Dienstleistungsmarke, Technologiemarke, Funktionsmarke, Labelmarke usw.). Der nächste Schritt besteht darin, die Bekanntheit dieser Marken bei ihren Zielgruppen zu messen. Was sind die starken Marken? Umgekehrt, welche scheinen ihr Ziel nicht zu treffen? Es ist notwendig, greifbares Material (Daten, Kundenmeinungen, usw.) zu sammeln, um diese Fragen zu beantworten und dann die Markenstrategie zu definieren.
Jede Organisation hat eine spezifische Logik, auf der das Markenportfolio basiert.
Aber zunächst einmal muss es definiert werden.
· Dachmarkenstrategie:
Die Dachmarkenstrategie vereint viele Produkte und Produktgruppen zu einer Familie. Die Produkte haben alle einen einheitlichen Dachmarkennamen.
· Endorsement-Strategie:
Autonome und diversifizierte Marken mit einem Orientierungsanker: die starke Zugehörigkeit zu einer Marke, die durch grafische Stilmittel und/oder den Namen vermittelt wird.
Dies ist der Fall bei Henkel, wo viele der einzelnen Marken (Pril, Somat, Perwoll, Persil, etc.) über das Henkel Logo als Absendermarke miteinander verbunden sind.
· Differenzierungsstrategie:
Starke und autonome Markennamen, ohne starke Zugehörigkeit zur Gruppe.
Dies ist der Fall bei der Ferrero: Marken, wie z.B. TicTac, Eat Natural oder Kinder agieren völlig unabhängig voneinander.
Die Marke ibis des Accor Hotellerie Konzerns wurde zur Refokussierung ausgewählt, weil sie weltweit über eine einzigartige Bekanntheit verfügt. Ibis ist die tragende Säule unter den verjüngten und innovativen Marken ibis Styles und ibis Budget. Ausgangspunkt der neuen Strategie waren die sich wandelnden Lebens- und Konsumgewohnheiten der Verbraucher. Das Ziel der neuen Strategie lautete, die Verständlichkeit, Konsistenz und Schlagkraft der ibis-Marken zu verbessern. Im Mittelpunkt der Strategie steht die Marke ibis mit den Werten Modernität, Einfachheit und Wohlbefinden. Die vorhandenen Marken „ibis Hotel“, „Etap Hotel“ und „all seasons Hotels“ wurden in „ibis Hotels“, „ibis budget Hotels“ und „ibis styles Hotels“ umbenannt. Die verschiedenen Angebote der drei Marken werden so klar kommuniziert. Durch diese Fokussierung wurden nicht nur die Markenwerte gestärkt. Auch die Markenbekanntheit und Kundenzufriedenheit wurden verbessert und damit die Voraussetzungen für die Ansprache einer größeren Zielgruppe geschaffen. Insgesamt ist die Namensgebung der ibis-Hotels wesentlich deutlicher auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet.
Früher wurden Produkte in der Regel entweder für den europäischen oder für den US-amerikanischen Markt entwickelt. Sollte die Vermarktung ausgedehnt werden, so stellte sich dann nicht selten heraus, dass der bewährte Name auf dem anderen Kontinent aus sprachlichen, häufiger aber aus juristischen Gründen nicht verwendet werden konnte. Als eine der ersten Branchen erfuhr dies die chemisch-pharmazeutische Industrie, die schon früh mit der weltweiten Vermarktung ihrer Produkte begann. Eines der bekanntesten Beispiele ist Bayer. Der Weltkonzern hieß in den USA und in Kanada viele Jahre Miles Inc. Erst 1995 konnten die Rechte an dem weltbekannten Namen dem Pharmahersteller Sterling Drug, Inc. abgekauft werden. Ein Problem bleibt ungelöst: Bayer hält die Exklusivrechte an dem Traditionsnamen Aspirin in über 80 Ländern der Erde, nicht aber in den USA. Hier hat sich Aspirin als Gattungsbezeichnung für Kopfschmerzmittel auf Acetylsalicylsäurebasis verselbständigt. Ebenso wie alle anderen Hersteller von Kopfschmerzmitteln darf Bayer den Namen zwar benutzen, doch die Alleinstellung des Markenzeichens ist unwiederbringlich verloren.
Heute müssen immer mehr Namen von Anfang an global funktionieren, denn der Verbraucher ist sowohl real als auch virtuell mobiler denn je. Die Entwicklung weltweit einsetzbarer Namen steht immer häufiger im Vordergrund, wobei der europäische und der US-Markt zumeist Priorität haben. Trotz aller markenrechtlichen Schwierigkeiten stellt indes die Überwindung kultureller Barrieren die größere Herausforderung dar. Denn in puncto Geschmack prallen mit Europa einerseits und den USA andererseits Welten aufeinander. Gerade weil die 50 amerikanischen Bundesstaaten ein Schmelztiegel vieler verschiedener Nationen und Kulturen sind, hat man sich auf einen gemeinsamen Standard geeinigt. In den USA leben rund 210 Millionen Menschen mit über 170 verschiedenen Muttersprachen. Doch man denkt und spricht amerikanisch. US-taugliche Namen müssen deshalb die Sprache sprechen, die jeder versteht: Englisch. In Europa hat die englische Sprache zwar ebenfalls Tradition, doch bleibt sie hier eine von vielen. Die gemeinsamen Wurzeln der Europäer liegen vielmehr in der lateinischen und griechischen Sprache. Ein Name, mit dem sich alle europäischen Nationen gleichermaßen identifizieren sollen, muss daher idealerweise auf diese Wurzeln zurückgreifen.
Beispiel Freixenet
Der Cava (katalanisch für Sekt) war in den 70er Jahren noch nahezu unbekannt. Durch ständige Innovationen und die starke Internationalisierung von Freixenet ist er inzwischen in der ganzen Welt bekannt.
Die Marke gründet auf ihren katalanischen Wurzeln, das macht der katalanische Name Freixenet deutlich. Der Name geht zurück auf das katalan. Wort Freixe, was Esche bedeutet, denn auf dem Weingut standen besonders viele Eschen.
Der Name ist ein klares Statement zu dem katalanischen Ursprung, und der katalan. Winzertradition. Das Wording Metodo tradicional verweist ebenfalls auf die katalan. Tradition, genauso wie die Bilder auf der Homepage des Cava-Herstellers.
Die Namen der 4 Produktlinien Carta, Cordon, Elyssia und Reserva greifen ebenfalls diese Markenstrategie auf. Die Marke verfolgt das Ziel der Internationalisierung: Deutschland und Südamerika sind die größten Absatzmärkte des katalanischen Schaumweins. Mit der katalan. Herkunft und der glaubwürdigen Vermarktung dieses Markenattributs weltweit, schafft es Freixenet eine Differenzierungsstrategie gegenüber allen anderen Sektmarken von Spanien zu erreichen. Der Name Freixenet ist in Bezug auf die Aussprache für uns Deutsche und auch für viele andere Kulturen zugegebenermaßen sehr schwierig. Aber das Unternehmen hat den Namen mit viel Kommunikation aufgebaut und ist seinen historischen Wurzeln treu geblieben. Von daher, würden auch wir empfehlen, diesen Namen auf keinen Fall jetzt noch zu ändern.
Beispiel Audi
Der Claim verweist bereits auf die Markenstrategie: Vorsprung durch Technik
Es geht also um Technologieführerschaft.
Diese Technologieführerschaft wird durch das technisch anmutende Naming unterstützt.
Die Modellnamen sind aufsteigend von 1-8, der Anspruch weiterzukommen und ein immer noch etwas größeres Modell zu fahren wird mit dieser Namensstrategie erreicht.
Die Namensgebung ist schlicht, einfach, logisch und technisch, um so die Technologieführerschaft zu untermauern.
Beispiel Trumpf
Trumpf, ein Hersteller für Werkzeugmaschinen und Lasertechnik, hat sich die Markenstrategie des Komplettanbieters auf die Fahnen geschrieben.
Er hat alle seine Maschinen sowie auch Software und Zubehörteile gemäß einer durchgängigen hybriden Namensstrategie benannt. Der erste Namensbestandteil besteht aus der Silbe Tru für Trumpf und der zweite Namensbestandteil verweist auf die Technologie der Maschine. So kann der Kunde sich gut in dem Produktangebot zurechtfinden und gleichzeitig wird durch die Vorsilbe Tru sichergestellt, dass alle diese Maschine aus dem Hause Trumpf kommen. Die Marke Trumpf als Komplettanbieter wird somit erlebbar.
Beispiel Nespresso
Die Marke Nespresso hat eine Markenstrategie gewählt, die mit singulären Namen die Produkte herausstellt. Die Namen für die Kapseln sind gleichzusetzen mit den Geschmacksvarianten. Viele der Namen wie z.B. Volluto, Roma, Livanto, Capriccio entführen den Konsumenten in eine sinnliche, elegante Welt. Die Namen gehen zurück auf italienische Worte und verweisen damit auf Kaffeegenuss par Excellence.
Die Strategie, einzelne Produktnamen zu benutzen ist zwar einerseits aufwendig und mühsam, auf der anderen Seite jedoch wird so jedes Produkt zu einem besonderen Erlebnis. Die Markenstrategie von Nespresso ist es, die Marke als exklusive Lifestyle-Marke zu positionieren. Die sinnlich klingenden Produktnamen zahlen perfekt auf diese Markenstrategie ein. Ebenso die markeneigene Sprache: Nespresso Sorten gibt es als „Grand Cru“ oder als „Late Harvest“, man geht in die Nespresso-Boutique statt in den Shop:
Es gibt zahlreiche Strategiemöglichkeiten. Um sich für die richtige Strategie zu entscheiden, sollte man sich an den Markenzielen orientieren.
Die Markenziele bilden die Basis für die jeweilige Namensstrategie, Bsp. Trumpf Komplettanbieter, Bsp. Nespresso Premium-Lifestyle.
Es gibt gute Gründe, den Wechsel der Markenstrategie einzuleiten.
z.B. Imageschaden, bei sog. Verbrannten Marken, so wurde z.B. der Finanzdienstleister AWD in Swiss Life Select umbenannt, nachdem bekannt wurde, dass der Finanzdienstleister AWD durch Falschberatung Negativschlagzeigen gemacht hatte.
Unternehmenszusammenschlüsse oder Ausgründungen sind ebenfalls geeignete Anlässe, die vorhandene Markenstrategie zu überdenken. Natürlich gehört dazu auch die Repositionierung oder Relaunch oder einfach, wenn die Analyse der Daten zum Ergebnis kommt, dass das Marktpotential mit einer anderen Markenstrategie noch besser ausgeschöpft werden kann.
So war das z.B. bei Langnese. Die Marke für Eiskrem, die viele Jahre mit dem markisenartigen Logo Eiskrem signalisierte. Das Langnese Logo allein wurde mit Sommer assoziiert, so dass der Verzehr von Eiskrem in den anderen Jahreszeiten erst gar nicht zur Disposition stand. Um das Marktpotential der Marke Langnese auch im Herbst und Winter zu beflügeln, wurde das Logo in das heute bekannte Herzlogo geändert. Seitdem gehen die Absatzzahlen für Langnese Eiskrem auch in den kalten Monaten nach oben.