Seit einem Jahr liegt der Hamburger Getränkehersteller Lemonaid mit den Behörden im Clinch. Stein des Anstoßes ist und bleibt der Markenname. Der klinge zwar nach „Limonade“, enthalte dafür aber im Sinne der Vorschriften zu wenig Zucker.
„Zuckergehalt: gesetzesniedrig.“, witzelt Lemonaid deshalb auf seiner Website und hofft nach 2019 erneut auf breiten gesellschaftlichen Protest angesichts einer unsinnigen Verbraucherschutz-Richtlinie. Sollte diese tatsächlich angewandt werden, droht der Bio-Limo das Aus in Cafés und im Handel. Was genau ist da los?
Lemonaid will nach eigenen Angaben trinkend die Welt verändern. Das als soziales Getränkeprojekt gegründete Unternehmen mit Sitz in Hamburg-St. Pauli fördert mit biologisch angebauten und Fairtrade-zertifizierten Zutaten eine nachhaltige, gerechtere Landwirtschaft.
Doch 2019 kam der erste Zuckerschock: Das Fachamt für Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt monierte, dass die Sorte Lemonaid Limette nicht süß genug sei und daher nicht mehr „Limonade“ heißen dürfe.
Bei Lemonaid reagierte man damals säuerlich und forderte von Ernährungsministerin Julia Klöckner, die Richtlinie zu ändern. Zumal diese gerade erst ihre ‚Nationale Strategie zur Reduktion von Zucker und Fett in Lebensmitteln‘ vorgelegt hatte, in der weniger Zucker in Drinks gefordert wird.
Doch seitdem ist nichts passiert. Außer, dass kürzlich der zweite Zuckerschock kam – in Form einer Rüge vom Verbraucherschutzamt der Stadt Bonn. Kopfschütteln bei den Verantwortlichen von Lemonaid: „So steht unser kleiner ‚Saftladen‘ schon wieder vor Problemen – weil wir seit Gründung genau das machen, was die Politik eigentlich unterstützen sollte: natürliche Bio-Lebensmittel aus fairem Handel, mit einem guten Zweck und wenig Zucker. Auf diese Weise haben wir über 50 Millionen Würfel, also 160.000 Kilogramm, weniger Zucker verbraucht, als der Staat erlaubt.“
Doch Lemonaid – bekannt für seine selbstbewusste Markenkommunikation – gibt nicht nach. Im September 2020 stellte Lemonaid in einer Guerilla-Aktion eine „Julia-Klöckner-Statue“ aus Zucker vor dem Ernährungsministerium in Berlin auf. „Denk Mal – Ein Denkanstoß von Lemonaid für das süßeste Ministerium des Landes“, steht darauf. „Denn statt uns erneut wegen zu wenig Zucker in unserer Limo abzumahnen, wäre es doch viel raffinierter, den 7%-Mindestzuckergehalt in Limonaden zum Wohle unserer Gesellschaft endlich abzuschaffen. Damit, Frau Klöckner, könnten Sie sich dann ein echtes Denkmal setzen.“
Die Reaktion des Ministeriums folgte noch am gleichen Tag: „Wir haben das klare Ziel, in Fertiglebensmitteln und auch Erfrischungsgetränken, den Gehalt von Zucker zu reduzieren. […] Umso mehr haben wir die klare Erwartung, dass sich die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission der aktuellen Problematik nun zügig annimmt und die entsprechenden Leitsätze überprüft.“ Es bleibt also spannend.
Foto: Lemonaid