Die Natur macht’s vor: Der Pfau schlägt sein Rad, der Löwe zeigt seine Mähne und der Gorilla seinen Silberrücken. Auch bei der Wahl des Namens gilt: Mutig voran!
Die Zahlen sprechen für sich: Allein in Deutschland gibt es rund 785.000 angemeldete Marken, davon werden etwa 79.000 aktiv beworben. Dagegen besteht der aktive Wortschatz eines durchschnittlich gebildeten Deutschen aus ca. 3.000 Wörtern und 1.000 bekannten Marken. 5.000 Markenbotschaften prasseln täglich auf einen Verbraucher in Deutschland herein, von denen nur etwa 8 Prozent in Erinnerung bleiben. Länger als eine halbe Minute dauert es im Durchschnitt, bis man den Informationsgehalt einer Werbeanzeige erfasst hat. Tatsächlich werden Anzeigen jedoch keine zwei Sekunden lang betrachtet.
Logisch ist langweilig
Aus dieser Reizüberflutung ergibt sich für den Naming-Prozess zwangsläufig die Forderung nach auffälligen Namen. Dabei mangelt es in der Regel nicht an kreativen Ideen auf Agenturseite, sondern am Mut der Entscheider. Oft fällt die Wahl auf beschreibende Namen. Die ecken zwar nicht an, fallen aber auch nicht auf und manövrieren sich so schnell ins Abseits. Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele aus dem Technologie-Bereich. Hier sind die Markennamen seit Jahren besonders „unvernünftig“ und konnten sich gerade deshalb besonders gut etablieren. Man denke nur an Namen wie Apple, Blackberry („Brombeere“), Bluetooth oder Fritz-Box bis hin zu den Betriebssystemen Marshmallow oder Ubuntu. Der Name Ubuntu („Menschlichkeit“) entstammt der Zulu-Sprache und bezeichnet eine afrikanische Philosophie. Seit seiner Einführung 2004 gewann die kostenlose Linux-Distribution 25 Millionen Nutzer. Abwandlungen und Unterprojekte namens Kubuntu, Xubuntu oder Ubuntu Gnome signalisieren die Zusammengehörigkeit innerhalb des Angebotssortiments.
Markensprache hilft weiter
Was aber tun, wenn man bereits einen unauffälligen Namen hat und diesen nicht mehr ändern kann? Dann lässt sich die Marke immer noch sprachlich auffällig inszenieren. Ein aktuelles Beispiel liefert die Marke „True Fruits“, die auf Provokation mit Wortwitz setzt. „Wir sind ein kleiner Saftladen mit 23 Mitarbeitern und Sitz in Bonn-Beuel“, schreibt das Unternehmen auf seiner Website, das inzwischen für seinen schrägen Humor bekannt ist. In der Produktgalerie findet man unter anderem diesen Upcycling-Tipp: „So schenkst Du Deiner leeren Smoothieflasche ein Leben nach dem letzten Schluck.“ Der Vorteil dieser Strategie ist, dass das Markenprofil sehr geschärft und damit auch besser wahrgenommen wird. Andererseits müssen immer provokantere Ideen entwickelt werden, damit die Marke nicht langweilig wird. So auch im Falle von True Fruits. Derzeit sorgt eine Kampagne mit scheinbar sexuellen Anspielungen für Aufsehen: „Oralverzehr – schneller kommst Du nicht zum Samengenuss.“ oder „Bei Samenstau schütteln.“ Beworben werden damit Smoothies mit Chia-Samen. Wenn der Schuss mal nicht nach hinten losgeht.
Foto: True Fruits