Die „Black lives matter“-Debatte sorgt auch in der Markenwelt für heftige Diskussionen. Zahlreiche Hersteller sehen sich mit Rassismusvorwürfen konfrontiert und prüfen Logo- oder sogar Namensänderungen.
Uncle Ben’s und Aunt Jemima, Bahlsen Afrika, Mohrenbräu, Eskimo Pie oder Washington Redskins – wie viel Rassismus steckt in diesen Markennamen? Die aktuellen Proteste zeigen, dass auch unbeabsichtigte Diskriminierung handfeste Imageschäden hervorrufen kann.
Kritikpunkt Sklaverei
Konkret wird der Marke Uncle Ben’s, ebenso wie der US-amerikanischen Marke Aunt Jemima vorgeworfen, rassistische Stereotype zu bedienen und Sklaverei zu verherrlichen. Denn was viele nicht wissen: Die Anreden „Uncle“ und „Aunt“ – also Onkel und Tante – sind im Zusammenhang mit der Sklaverei abwertend, da den betreffenden Personen seinerzeit die höflichen Anreden „Mr“ oder „Mrs.“ verwehrt wurden.
Der Mars-Konzern, dem die Marke Uncle Ben’s gehört, zieht nun die Notbremse. Die FAZ zitiert eine Unternehmenssprecherin von Mars Deutschland wie folgt: „Als globale Marke wissen wir, dass wir die Verantwortung haben, Stellung zu beziehen, um dazu beizutragen, rassistischen Vorurteilen und Ungerechtigkeiten ein Ende zu setzen. Wenn wir auf die Stimmen der Verbraucher, insbesondere in der Black Community, und auf die Stimmen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit hören, sehen wir, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Marke Uncle Ben’s, einschließlich ihrer visuellen Markenidentität, weiterzuentwickeln, was wir auch tun werden.“ Ähnliche Pläne gab Markeninhaberin PepsiCo für die Marke Aunt Jemima bekannt.
Massiver öffentlicher Druck
Auch die österreichische Mohrenbrauerei steht seit Wochen massiv unter Beschuss, obwohl der Firmenname auf den Unternehmensgründer Josef Mohr in Dornbirn zurückgeht. Im Zentrum der Kritik steht allerdings das Logo, das den Kopf eines stilisierten dunkelhäutigen Menschen im Profil und mit übertrieben wulstigen Lippen zeigt.
Mittlerweile wandte sich die Eigentümerfamilie Huber in einem offenen Brief an die Öffentlichkeit: „Sowohl von manchen Kritikern unseres Logos als auch von einigen Befürwortern sind Äußerungen getätigt worden, die unseren Werten zutiefst widersprechen. Weder lassen wir uns Rassismus unterstellen, noch lassen wir uns von Menschen mit ausländerfeindlicher Haltung vereinnahmen.“ Man habe sich dennoch entschieden, die Situation neu zu bewerten. „Gemeinsam mit unabhängigen Expertinnen und Experten aus ganz verschiedenen Bereichen werden wir in den nächsten Monaten in Ruhe prüfen, ob und wie wir unseren Markenauftritt im Rahmen unserer Möglichkeiten weiterentwickeln. Das Ergebnis dieses Prozesses ist offen.“
Verletzende Analogie: Schokolade und dunkle Hautfarbe
Neben Wortbestandteilen wie „Mohr“, „Eskimo“ (als Bezeichnung für Inuit) oder „Redskins“ („Rothäute“ als Bezeichnung für indigene amerikanische Völker), die als abwertend gelten, beziehen sich die Rassismus-Vorwürfe weit häufiger auf die Markenlogos. Diese werden als anstößig und verletzend empfunden, da bestimmte Produkte (z. B. Schokolade) mit dunkler Hautfarbe in Verbindung gebracht werden. Hinzu kommt, dass manche Logos auch die Physiognomie nicht-weißer Rassen ins Lächerliche ziehen, etwa durch übertrieben wulstige Lippen und gekräuselte Haare bei Dunkelhäutigen oder zu schräg geschnittene Augen bei asiatischen Stereotypen.
Die diskriminierende Analogie Schokolade – dunkle Hautfarbe wurde auch der Marke „Afrika“ in den vergangenen Jahren mehrfach unterstellt. Ebenso oft versuchte Bahlsen, diesen Vorwurf durch das Argument zu entkräften, dass der Markenname nur deshalb gewählt wurde, da Afrika der weltgrößte Produzent von Schokolade sei. Doch vergeblich, inzwischen gab Bahlsen auf Instagram bekannt: „Wir haben dieses Produkt vor 60 Jahren ins Leben gerufen und damals wie heute lagen uns rassistische Gedanken mehr als fern. Um zu vermeiden, dass unser Produkt Assoziationen mit Rassismus hervorruft, arbeiten wir bereits an einer Umbenennung.“
Shitstorms können teuer werden
Für die betroffenen Markeninhaber können Rassismus-Debatten gravierende finanzielle Folgen haben. Seit Jahren stehen die Washington Redskins wegen ihres Namens unter Druck. Infolge der „Black lives matter“-Bewegung hat sich die Situation noch verschärft, da sich nun auch große Sponsoren von dem beliebten NFL-Team (die NFL ist die US-amerikanische Profiliga des American Football) distanzieren. So entfernte der Sportartikelhersteller Nike über Nacht sämtliche Fanartikel der Redskins aus seinem Online-Shop und auch Fedex, als einer der größten Sponsoren, verlangt vehement nach einer Namensänderung. Doch hier zeichnet sich bereits der nächste Ärger ab. Denn die Redskins-Fans sind gegen eine Änderung des Traditionsnamens und berufen sich auf eine Umfrage der „Washington Post“ aus dem Jahr 2016, der zufolge die indigenen Völker den Namen nicht als rassistisch empfinden. Über 90 Prozent der befragten Ureinwohner hätten demnach kein Problem mit der Namensgebung der Organisation.
Gelungene Repositionierung von Marken
Namensänderungen und Änderungen von Markenlogos infolge von Rassismus- oder Diskriminierungsvorwürfen hat es auch in der Vergangenheit bereits gegeben. Ein bekanntes Beispiel ist die Schokoladenmarke Sarotti. Markeninhaberin Stollwerck entschied sich im Jahr 2004, den Namen und das Aussehen des langjährig bekannten Sarotti-Mohrs zu verändern. Er wurde umbenannt in „Sarotti-Magier der Sinne“ und seine Hautfarbe ist seitdem nicht mehr schwarz, sondern golden. Das Tablett, das von manchen Verbrauchern als Zeichen der Sklaverei gedeutet wurde, ist ebenfalls verschwunden. Das Logo zeigt den Sarotti-Magier stattdessen mit einer Mondsichel und Sternen.
Die Repositionierung war erfolgreich, wie auch die Umbenennung der „Aktion Sorgenkind“ im Jahr 2000. Dass der Name überhaupt diskriminierend ist, wurde vielen Deutschen allerdings erst durch den neuen Namen bewusst: „Aktion Mensch.“
Ist Schwarz künftig tabu?
Niemand sollte durch Namensgebung abgewertet werden. Deshalb ist auch die angekündigte Umbenennung der U-Bahn-Haltestelle „Mohrenstraße“ in Berlin sinnvoll. Doch wie sieht es mit Marken wie „Schwarzkopf“, „Black & Decker“ oder Aktionen wie „Black Friday“ aus – müssen diese Namen etwa auch weichen?
Die Namensagentur Nomen International verneint dies ganz eindeutig. Schwarz aus dem Markenwortschatz zu streichen, käme einer erneuten Diskriminierung durch Ausgrenzung gleich. Denn auch Sprache entwickelt sich weiter: Schwarz ist längst zum Synonym für etwas Hochwertiges und Edles geworden. In der Markenwelt gibt es hierfür etliche Beispiele, darunter Johnnie Walker Black Label, Armani Black Code, Mini One Blackyard oder Mercedes Trucks Black Edition.
Ob ein Name von bestimmten Bevölkerungsgruppen als verletzend empfunden wird, ist allerdings für Außenstehende nicht immer ersichtlich. Um Markenflops auszuschließen, prüft Nomen jeden Markennamen mithilfe von Zielgruppenbefragungen und umfangreichen Sprachchecks.
Foto: sarotti.de