Kreative Namen finden

Der Markenname ist einer der fundamentalen Bausteine im Marketing-Mix, denn er bringt die Produktpersönlichkeit mit Hilfe weniger Buchstaben auf den Punkt. Inmitten einer stetig wachsenden Markenvielfalt identifiziert und differenziert er das Angebot des betreffenden Unternehmens. Die Entwicklung kreativer Namen gestaltet sich dabei Jahr für Jahr schwieriger. Den 26 Buchstaben des deutschen Alphabets, aus deren Kombination neue, unverwechselbare Markennamen entstehen können, stehen allein hierzulande über 1,2 Millionen eingetragene Marken entgegen, deren Markenrechte nicht verletzt werden dürfen. Daher wird es immer wichtiger, kreative Namen zu entwickeln und systematisch abzusichern, da man ansonsten Gefahr läuft, viel Markenpotential zu verschenken.

Wodurch zeichnen sich kreative Namen aus?

Ein Markenname muss auffallen, um bemerkt zu werden und positiv in Erinnerung zu bleiben – selbstverständlich ohne negative Assoziationen zu wecken. Je markanter ein Name ist, desto deutlicher hebt sich das Angebot eines Anbieters im Wettbewerbsumfeld ab. Das Potenzial eines guten Namens erschließt sich allerdings nicht immer auf Anhieb. Je unkonventioneller ein Name ist, desto mehr Zeit braucht der Verbraucher, um sich daran zu gewöhnen. Kreative Namen ohne existierende Bedeutung (z. B. „Ixo“ für einen handlichen Akku-Schrauber), stellen eine Möglichkeit dar, auf sich aufmerksam zu machen.

Auch Provokation ist erlaubt, solange die Grenzen des guten Geschmacks nicht überschritten werden. Markennamen dürfen fast alles – nur nicht langweilig sein. Verbraucher verlangen heutzutage stärker denn je nach authentischen und individuellen Marken. Denn Marken sind für die meisten Menschen Mittel der Selbstinszenierung. Mit der Markenwahl demonstriert man Individualität und Selbstbewusstsein. Namen wie „Hüftgold“ für ein Fashion-Label oder „Mania“ für Parfum kommen bei der Zielgruppe an, weil sie das Anderssein zelebrieren.

Wie geht man vor, um kreativen Namen zu finden?

Das Finden von kreativen Namen bildet auch in der virtuellen Welt das Fundament für eine erfolgreiche Produktvermarktung. Dabei gestaltet sich die Namensfindung zunehmend schwierig, denn auch in den vermeintlichen Weiten des Internets ist es eng geworden.

Die klassische Vorgehensweise bei der Markenentwicklung gilt auch für kreative Namen.

Beispiel: airbnb

Die Erfolgsfaktoren für kreative Namen werden im Folgenden am Beispiel von airbnb, einem Community-Marktplatz für die Buchung und Vermietung von weltweiten Unterkünften, skizziert.

1. Zielgruppenanalyse

Zielgruppe sind Individualreisende und Selbstversorger verschiedener Altersgruppen und Budgets. Die Kunden reisen gerne und sind offen, kontaktfreudig und neugierig. Sie verbindet Reise- und Abenteuerlust und das hautnahe Erleben fremder Kulturen.

2. Mehrwert und Nutzen definieren

Aus dieser präzisen Zielgruppenanalyse heraus lassen sich klare Nutzenargumente ableiten. Die Marke airbnb steht für Gemeinschaft: Als Kunde ist man Teil einer wachsenden Reisecommunity und während der Reise Gast in einer fremden Gemeinschaft. Durch den direkten Kontakt zu Einheimischen ist man mehr als „nur“ Tourist. Man lernt „echte“ Menschen kennen und lebt in „echten“ Wohnungen – Reisen wird authentisch.

3. Markenpositionierung festlegen

Die Markenpositionierung von airbnb fasst diese Grundidee von „echter Gemeinschaft“ zusammen. Der Slogan bringt die Botschaft markensprachlich auf den Punkt: „Belong Anywhere.“

4. Einen kreativen Namen finden

Eine unverwechselbare Marke braucht einen kreativen Namen. In der Anfangszeit von airbnb war eben dieser Umstand nicht gegeben. In seinen Anfängen im Jahr 2008 trug das Unternehmen noch den beschreibenden und schwerfälligen Namen „Airbedandbreakfast“ – eine Kombination aus dem englischen Begriff für Luftmatratze („airbed“) und „Bed & Breakfast“. Zur Erhöhung der Prägnanz und Einzigartigkeit wurde der Bandwurmname 2009 um etliche Buchstaben verkürzt. Gleichzeitig wurde ein unverwechselbares Logo kreiert, für das ebenfalls ein kreativer Name gefunden wurde: Bélo. Im Internet wurde das Logo als universelles Symbol für „Belonging“ vorgestellt und Kunden und Fans dazu aufgerufen, eigene „Bélo“-Varianten zu gestalten.

5. Klare Kommunikation

In der vorwiegend online stattfindenden Kommunikation werden die Kunden permanent eingebunden. Kampagnen-Claims und Statements erneuern immer wieder das Markenversprechen. Das Gleiche gilt für emotional ansprechende Bilderwelten.

6. Im Gespräch bleiben

Durch ein aktives Storytelling bleibt der kreative Name im Gespräch. Im virtuellen airbnb Community-Center wird durch Blogs, Clubs und Host Stories der Austausch innerhalb der Community gefördert. Social Media-Aktivitäten auf Facebook, Twitter, Instagram und LinkedIn ergänzen diese Angebote.

Hauptsache anders, lautet die Devise. Es ist ein Trugschluss, dass sich die Attraktivität und Einprägsamkeit eines Namens aus der Anzahl seiner Buchstaben ergibt – nach dem Motto, je kürzer, desto besser. Die Bildhaftigkeit als Voraussetzung für Merkfähigkeit wurde bereits erwähnt. Apple für Computer oder Amazon für einen Online-Handel sind Beispiele für kreative und gleichzeitig merkfähige Namen. Denn das menschliche Gehirn nimmt vorrangig solche Informationen auf, die es einem gegenständlichen Pendant zuordnen kann. Und dabei nicht vergessen: Kreative Namen zu finden bedeutet das Produkt gerade nicht zu beschreiben. Zwei Beispiele zeigen, warum logisch langweilig ist: Unter der Marke Teekanne wurde früher ein Früchtetee in der Geschmacksrichtung Himbeer-Kirsch angeboten. Das Produkt fiel im Supermarktregal kaum auf – seit es Heiße Liebe heißt dafür umso mehr. Auch das Renaming des Kleintransporters LT von Volkswagen zahlte sich aus. Mit dem kreativen Namen Crafter kommt das Modell deutlich besser zur Geltung.

Typologie der Markennamen

Zu Beginn einer professionellen Namensentwicklung stellt sich immer die Frage, ob der Markenname beschreibend, assoziativ oder frei erfunden sein soll. Die Antwort ist abhängig davon, was der Name langfristig leisten soll.

Beschreibende Namen

Deskriptive Namen beschreiben eine unmittelbare Eigenschaft des Produkts, zum Beispiel Bücher.de, Gebrauchtwagen.de oder Singles.de. Auf den ersten Blick scheint einiges für sie zu sprechen: Man braucht keine kreative Ader bei ihrer Entwicklung, sie sind leicht zu verstehen und enthalten praktischerweise bereits das zentrale Keyword für die Suchmaschinen.

Beschreibende Namen bieten keinen oder nur eingeschränkten juristischen Schutz –beispielsweise als Wort-Bild-Marke, dabei läuft der verbale Bestandteil dennoch stets Gefahr zu verwässern. Bezeichnungen, die eine direkte Produkteigenschaft widerspiegeln, sind freihaltebedürftig und dürfen von einzelnen Anbietern markenrechtlich nicht monopolisiert – sprich als Marke registriert – werden.

Assoziative Namen

Im Unterschied dazu bringen assoziative Namen die Markenbotschaft fantasievoll zum Ausdruck. Sie beschreiben nicht die unmittelbaren Produkteigenschaften, sondern reflektieren die Produktpersönlichkeit auf eine Art und Weise, die auf den ersten Blick nichts mit dem Produkt zu tun hat. So haben Tiernamen wie Jaguar oder Mustang logisch betrachtet nichts mit Autos zu tun. Das verbindende Element sind jedoch die mit diesen Tieren assoziierten Eigenschaften – Schnelligkeit und Eleganz, aber auch Aggressivität. Durch die Namenswahl werden diese Eigenschaften automatisch auch dem Produkt zugeschrieben.

Kreative Marken

Kreative Namen sind häufig Kunstnamen, die frei erfunden sind und weder eine offensichtliche noch eine versteckte Bedeutung besitzen. Bekannte Beispiele sind Zalando für einen Online-Handel, Yaris für einen Cityflitzer von Toyota oder Sensodyne für eine Zahnpasta. Kunstnamen bieten im Vergleich zu beschreibenden und assoziativen Namen eine bessere juristische Schutzfähigkeit. Allerdings lösen sie beim Verbraucher keine durch den Markeninhaber steuerbaren Vorstellungen aus. Daher erfordert es einen vergleichsweise hohen Kommunikationsaufwand, um den Markennamen in den Köpfen der Verbraucher zu verankern. Gelingt dies, steht seinem nachhaltigen Erfolg jedoch nichts mehr im Wege. Genau wie assoziative Namen eignen sich kreative Namen zum Aufbau einer starken, unverwechselbaren Markenpersönlichkeit.

Herausforderungen von kreativen Namen für den globalen Markt

Markenverwässerung durch Nachahmer

Ob PKW.de, auto.de, automobile.de oder auto24.de – Internetmarken sind oft beschreibend und das gilt nicht nur für PKW-Vergleichsportale. Dies ist aus zwei Gründen problematisch. Erstens: Durch den fehlenden Alleinstellungscharakter kann ein Hersteller niemals nur für seine Produkte werben. Jede Kampagne bedient immer die gesamte Branche. Zweitens: Beschreibende Namen genießen keinen Markenschutz und können daher von Wettbewerbern beliebig kopiert werden. Differenzierung also gleich Null. Außerdem bremsen beschreibende Namen die Geschäftsentwicklung. Wo stünde Zalando heute wohl, wenn es damals schuh.de geheißen hätte? Dass sich Mut zur Kreativität auszahlen kann, zeigte sich beispielsweise nach dem Renaming des Business-Netzwerks OpenBC in Xing – bis heute ein unverwechselbarer, kreativer Name.

Generische Verselbständigung

Mit Facebook wurde vor einiger Zeit wieder eine Marke in den Duden aufgenommen. Wenn Marken in den Sprachgebrauch übergehen, gilt das nach allgemeinem Empfinden als eine Art Ritterschlag. Doch Vorsicht: Der Übergang eines Markennamens zu einem Gattungsbegriff kann für den Markeninhaber riskant werden. Dann nämlich, wenn der Verbraucher den generischen Namen nicht mehr der richtigen Marke zuordnet und beispielsweise mit ElitePartner oder neu.de parshippt. Diese Verwässerung des Markenprofils kann im schlimmsten Fall sogar zum Verlust der Markenrechte führen. Hier hilft nur eine konsequente und kontinuierliche Markenpflege. Google ist in dieser Hinsicht sehr aktiv. Das Unternehmen wehrt sich seit Jahren dagegen, dass der eigene Markenname zum Allgemeingut wird.

Shitstorms

Die sozialen Netzwerke sind ein Bekanntheitsturbo für Marken. Entscheidend für den Markenerfolg ist, wie professionell das Unternehmen mit der Community umgeht. Die visuelle und verbale Kommunikation muss mit der Markenbotschaft im Einklang stehen. Mindestens genauso wichtig wie das Senden von Botschaften ist das Zuhören. Vorschläge und Kommentare müssen nicht nur eingeholt werden, sondern auch beantwortet werden – auch im Falle eines negativen Feedbacks.

Welche Anforderungen werden in Zukunft bei der kreativen Namensfindung noch wichtiger?

Markennamen schaffen eine Identität. Sie machen Produkte und Unternehmen auch im indirekten Kontakt greifbar und sorgen für eine zielgerichtete Ansprache. Kreative Namen sind Ausdruck einer trennscharfen Markenpositionierung und bauen durch konsequente Kommunikation langfristig Markenwerte auf. Damit dies gelingt, gilt es von Anfang an sorgfältig und überlegt bei der Markenwahl vorzugehen. Nach der strategischen Arbeit bei der Markenpositionierung ist Kreativität beim Finden einzigartiger und kreativer Namen gefragt. Weil jeder Name in der digitalen Welt gleichzeitig lokal und global ist, weil er nur einen Klick von Wettbewerbsangeboten entfernt ist und eine Kommunikationsplattform mit den Usern weltweit darstellt, muss jede Namensentscheidung sorgfältig abgesichert werden. Vor ihrem Launch müssen kreative Namen genau wie klassische Markennamen systematisch und kritisch im Hinblick auf ihre strategische, sprachlich-kulturelle, digitale und juristische Eignung geprüft werden. 

Wohin geht die Reise bei kreativen Namen in Zukunft? Vieles ist denkbar, aber eines steht fest: In Zukunft wird die Positionierungsarbeit noch wichtiger, die Anforderung an Einzigartigkeit größer und der Dialog der Marke mit den Kunden noch intensiver. Trotz der gesteigerten Ansprüche an Transparenz, Authentizität und Flexibilität gilt es, das Markenerlebnis aufrechtzuerhalten und den Kunden mit überraschenden Markenmomenten weiterhin zu begeistern.

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