Shitstorms haben etwas von einem Energy Drink. Sie bringen den kollektiven Puls von Null auf 180, sorgen ein paar Stunden für Furore – und dann ist alles auch schon wieder vorbei. Der nächste Aufreger wartet schon. Wegen ihrer kurzen Halbwertszeit sind unkalkulierte Shitstorms (manche werden bekanntlich auch bewusst provoziert) für betroffene Unternehmen nicht besonders angenehm. Doch in Gefahr bringen sie den eigenen Markennamen nicht. Fazit also vorneweg: Wer seinen Namen aus einem triftigen Grund und nach den Regeln der Naming-Kunst ändert, hat nichts zu befürchten. Man kann die Kritik zur Kenntnis nehmen, Verständnis äußern und abwarten. Die öffentliche Diskussion wird dem neuen Namen nicht schaden, sondern ihn höchstens schneller bekannt machen.
Helle Aufregung: Capri-Sun statt Capri-Sonne?
Das Risiko, ins Visier der Netzgemeinde zu geraten, ist bei Namensänderungen besonders hoch. Das erlebte im Februar dieses Jahres der Hersteller des Fruchtsaftgetränks Capri-Sonne, die Deutsche SiSi-Werke mit Sitz in Eppelheim im Rhein-Neckar-Kreis. Ab diesem Frühjahr, kündigte das Unternehmen an, werde das Produkt „Capri-Sun“ heißen, da man es weltweit unter einem einheitlichen Namen vermarkten wolle. Das ließ die Netzgemeinde nicht gelten. Schlimmstes Denglisch, so die Kritik, und für manche sogar ein Grund, zum Produktboykott aufzurufen. Neben Verbrauchern nutzten auch andere Lebensmittelhersteller die Gelegenheit zum Brand-Bashing:
Spontane Reaktionen sind nicht entscheidend
Dass Namensänderungen Kritik hervorrufen, ist nichts Ungewöhnliches. „Die spontanen Reaktionen, die ein neuer Name hervorruft, sagen nichts über sein Erfolgspotenzial aus“, erklärt Nomen-Chefin Sybille Kircher. Denn gerade wenn es um Namen geht, spielt das Gehirn gerne Streiche. Was vertraut ist, gibt Sicherheit und wird nicht in Frage gestellt. Neue Namen erscheinen dagegen zunächst immer fremd und werden spontan deshalb von vielen Verbrauchern als unpassend abgelehnt. Doch mehrstufige Namenstests beweisen: Die Verbrauchermeinung ändert sich, sobald man häufiger mit dem Namen konfrontiert wird. Innerhalb kürzester Zeit setzt ein Gewöhnungsprozess ein; die anfänglich akzeptierten Namen werden als langweilig empfunden, die Zustimmung für die kreativeren Alternativen steigt.
Dass auch für Capri-Sun die Sonne nach dem Sturm wieder scheinen wird, zeigt übrigens auch das Beispiel „Saltletts“ von Lorenz-Snack World. Die Produktmarke, die früher „Salzletten“ hieß wurde 2003 aus den gleichen Gründen wie „Capri-Sun“ heute umbenannt. Auch sie erntete damals viel Kritik – ihrem Erfolg tat das keinem Abbruch.
Markenstrategie steht nicht zur Debatte
„Die Entscheidung für einen Namen sollte nie von punktuellen Verbraucherreaktionen abhängig gemacht werden, zumal diese nicht repräsentativ sind“, betont Sybille Kircher. „Die Markenstrategie ist allein Sache des Unternehmens. Es liegt in der Verantwortung der Marketing-Verantwortlichen, unter Berücksichtigung aller Faktoren den profiliertesten Namen auszuwählen und sich nicht von öffentlicher Kritik unter Druck setzen zu lassen. Nur so lässt sich für die zukünftige Marke eine Alleinstellung im Wettbewerbsumfeld erzielen.“
Mehr Infos: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/namenswechsel-verbraucher-empoeren-sich-ueber-capri-sun-1.3390425