Digitale Services: Die neue Herausforderung im Naming

par Nomen Deutschland | le Oktober 12, 2021

Ob in der Industrie, im Bereich Mobilität, E-Commerce oder im Gesundheitswesen – im Zuge der Digitalisierung entstehen derzeit in vielen Branchen immer neue digitale Services. Doch wie benennt man sie? Wo die Fallstricke lauern, weiß Sybille Kircher, geschäftsführende Gesellschafterin der Düsseldorfer Namensagentur Nomen.

Sie haben schon vielen Dienstleistungen einen Namen gegeben. Was ist neu bei der Benennung digitaler Services?

Sybille Kircher: Klassische Dienstleistungen sind meist klar umrissen und vergleichsweise konkret. Digitale Services hingegen sind oft abstrakt, vielfältig vernetzt und daher nicht trennscharf. Somit stehen wir vor einer völlig neuen Dimension des Namings. Durch die digitale Transformation kommen ständig neue Module hinzu, sodass es schwierig ist, heute einen Namen zu finden, der auch morgen noch passt. Man weiß nicht, wo die Reise hingeht und möchte sich alle Türen offenhalten.

Wo liegen die Herausforderungen im Einzelnen?

Sybille Kircher: Bei digitalen Services bewegen wir uns in einem Feld, das sehr abstrakt und erklärungsbedürftig ist. Manche Unternehmen entscheiden sich daher für allgemeine, abstrakte Namen, die allerdings wenig Unterscheidungskraft im Wettbewerbsumfeld haben. Typische Keywords sind „Schutz“, „Sicherheit“ oder „Vorhersagbarkeit“. Wenn aber alle die gleichen englischen Begriffe verwenden – schließlich muss heute alles international vermarktet werden können –, ist eine Differenzierung nicht mehr gegeben. Andere Anbieter versuchen, ihre digitalen Services möglichst genau zu beschreiben, was dann zu ausufernden Namen führt. Diese wiederum sind in Summe für den Kunden keine Orientierungshilfe, sondern nur verwirrend. Das gilt besonders dann, wenn viele unterschiedliche Services innerhalb eines Portfolios benannt werden. Das beobachten wir sehr häufig.

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Warum ist das so?

Sybille Kircher: Jeder einzelne digitale Service ist ja für sich gesehen eine Innovation. Deshalb besteht der verständliche Wunsch, diese durch einzelne Namen besonders kenntlich zu machen. Die Sorge ist ja nicht unbegründet, dass bei einer Bündelung unter einer einzigen Dachmarke einzelne Services nicht zur Geltung kommen und somit auch nicht wahrgenommen werden. Doch das lässt sich lösen. Wir haben auf dem Gebiet der Namensarchitekturen mittlerweile sehr viel Erfahrung.

Haben Sie ein Beispiel?

Für Bosch haben wir zum Beispiel eine Industrie-4.0-Software auf den Namen Nexeed getauft. Nexeed bündelt Software und Services für Produktion und Logistik. Ein hochkomplexes Gebilde, das aber einen hohen praktischen Nutzen für die Anwender hat. Nexeed-Lösungen vereinfachen den Arbeitsalltag der Mitarbeiter und optimieren die Fertigung hinsichtlich Transparenz, Agilität, Kosten, Qualität und Zeit. Das Portfolio erstreckt sich vom Sensor über die Maschinenautomatisierung bis in die Cloud. Entsprechend kombiniert lassen sich mit Nexeed-Lösungen einzelne Linien, ganze Werke und Werksverbunde sowie deren Intralogistik und der externe Warenstrom miteinander vernetzen. Die von Nomen entwickelte Namensstrategie fußt auf einer eigenständigen Dachmarke und beschreibenden Servicebezeichnungen, die für Transparenz und Orientierung innerhalb des Angebots sorgen: Nexeed Data Analytics, Nexeed Track & Trace etc. Der Name Nexeed verbindet Vernetzung mit Erfolg und kann mit den verschiedenen Anwendungen mitwachsen.

Mit welchen Fragen und Aufgabenstellungen rund um die Benennung digitaler Services treten Unternehmen an Nomen heran?

Sybille Kircher: Im Idealfall kommen Kunden zu uns, die eine digitale Service-Plattform aufbauen und parallel mit uns frühzeitig eine Namensarchitektur planen möchten. Oder die bereits eine Namensstruktur besitzen, diese aber noch sinnvoll erweitern möchten. Meistens ist es aber so, dass bereits etliche Namen vorhanden sind. Wir werden hinzugezogen, wenn das bestehende Naming-Konstrukt zu eng gefasst ist oder wenn es einen Namen-Wildwuchs gibt, in dem sich keiner mehr so richtig zurechtfindet. Dann ist es unsere Aufgabe, das Markenportfolio aufzuräumen und die Produktbenefits in eine klar bezeichnete Service-Welt zu verpacken.

Wie geht man konkret an so eine Mammut-Aufgabe heran?

Wir als Namensagentur haben den Vorteil, dass wir uns das Portfolio mit einem unverstellten Blick von außen ansehen und mit dem Wissen, wie es andere im Markt machen, eine praxistaugliche Rückmeldung geben können. Den Naming-Prozess selbst gestalten wir ganz individuell – von der Auswahl des Projektteams über die Namensstrategie bis hin zu den konkreten Lösungsansätzen, die wir gemeinsam in Workshops erarbeiten. Für die Akzeptanz der Namen ist ein externer Moderator hilfreich – Naming ist nun einmal eine sehr emotionale Angelegenheit, die durch uns objektiviert wird. So schaffen wir den notwendigen Konsens. Darüber hinaus übernehmen wir weitere wichtige Aufgaben, u. a. die internationale Absicherung und die Koordination der juristischen Prüfungen. Beides ist unerlässlich für den Erfolg eines jeden Naming-Projekts.

Warum lohnt sich der Aufwand?

Man hat die Chance, klare Signale im Markt zu setzen. Immerhin ist jede digitale Innovation derzeit ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte. Aber das muss auch entsprechend kommuniziert werden und der Markenname bzw. die Namensarchitektur bildet die Basis dafür. Denn etwas hat sich im Laufe der Jahre nicht geändert: Produkte und Services sind in der Regel vergleichbar. Am Ende ist es immer der Markenname, der den Unterschied macht.