Wie? Was? Sollen jetzt auch noch Meister Proper und Jägermeister gegendert werden? Für die einen ist es zweifellos ein Reizthema, für die anderen ein Muss: Gendern.
Wie man auch dazu steht – in einer Welt, in der Vielfalt und Gleichberechtigung glücklicherweise immer selbstverständlicher werden, kommt die Markenführung um das Thema nicht mehr herum. Doch wie lässt sich das Gendern sinnvoll in die Markenkommunikation integrieren – und spielt es überhaupt eine Rolle beim Naming?
Das Ziel beim Gendern ist klar definiert. Über die Sprache sollen Barrieren abgebaut und Respekt gezeigt werden. Allerdings bleibt die Werbung ein ambivalenter Schauplatz. Sexistische Themen kommen oft genug immer noch gut an, während das Gendern vielfach als störend oder lästig empfunden wird.
Wie stehen wir grundsätzlich zum Gendern?
Je weiblicher und jünger die eigene Zielgruppe ist, desto wichtiger ist es heute jedoch, eine Haltung zu dem Thema zu haben und diese auch zu kommunizieren. Die Frage, die es für jede zukunftsgewandte Marke zu beantworten gilt, lautet: Wofür will sie stehen? Welche Haltung hat sie? Gendern ist längst zu einem Generationen-Thema geworden und gewinnt besonders bei der jüngeren Zielgruppe an Bedeutung. Doch interessanterweise findet man auf Plattformen wie TikTok nur wenige gegenderte Beiträge. Hier scheint der Spagat zwischen moderner Kommunikation und traditionellen Strukturen besonders herausfordernd zu sein – oder eben einfach nur pragmatisch gelöst.
Am besten nicht dogmatisch, sondern pragmatisch
In der Markenkommunikation sind durchaus Unterschiede in der Ansprache verschiedener Zielgruppen zu beobachten. Während Werbung nicht zuletzt wegen ihrer komprimierten Botschaften häufig auf das Gendern verzichtet und kreative Ausweichlösungen findet, setzt HR-Marketing auf die Langversion. Die Benennung von Berufen in weiblicher bzw. diverser Form mithilfe von Gendersternchen etc. soll stereotype Vorstellungen überwinden und verdeutlichen, dass alle Geschlechter und Identitäten willkommen sind.
Und wie geht’s ganz konkret?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in der Markenkommunikation zu gendern. Dies sind die drei am häufigsten verwendeten Ansätze:
Hürden in der kommunikativen Praxis bleiben
Dennoch bleibt die Frage, wie man z. B. Personen, die sich als divers einordnen, in der Kommunikation praktisch anspricht. Manche gegenderten Formulierungen wirken konstruiert und lenken vom Inhalt ab, wie zum Beispiel „Gäste, Gäst*Innen“. Kompliziert wird es auch, wenn es um internationale Markenkommunikation geht, denn in manchen Sprachen gestaltet sich das Gendern besonders schwierig. Im Italienischen oder Spanischen beispielsweise sind gendergerechte Formulierungen kaum stringent umsetzbar.
Wie es Kommunikationsprofis sehen
Viele Unternehmen entscheiden sich deshalb für einen tragfähigen Mittelweg und gendern in der Kommunikation soweit es eben geht, ohne dogmatisch zu werden. Und zurück zur Ausgangsfrage: Nein, im Naming geht die Reise nicht in Richtung Jägermeisterin oder Meisterin Proper. „Aber eine Lösung kann darin bestehen“, erklärt NOMEN-Chefin Sybille Kircher, „sich aus binären Denkmustern zu lösen und eine neue Perspektive einzunehmen. So wie Calvin Klein mit seinem Duft CK everyone.“
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